Jedes der sieben Genussmotive wird durch ein einzigartiges Food Trend Cluster besonders inspiriert und angesprochen. Was macht dich zufrieden und glücklich beim Essen? Was lässt dich enthusiastisch werden, was kickt dich in den Flow, was bleibt im Gedächtnis? Schauen wir uns eine Food Trend Cluster Entwicklung im Zeitverlauf genauer an: Das Genussmotiv Sinnlichkeit.
Food Trends sind Ausdruck unserer persönlichen Einstellung, unseres Lifestyles, unserer Werte, unserer Lebensmelodie. Sie drücken Identität aus und sie stiften Identität. Am Beispiel des Food Trend Clusters im Genussmotiv Sinnlichkeit lässt sich ganz wunderbar zeigen, wie kreativ und dynamisch sich Food Trends vor diesem Hintergrund entwickeln.
Food Trends im Genussmotiv Sinnlichkeit
Im Mittelpunkt des Genussmotivs Sinnlichkeit steht die sinnliche Wahrnehmung, die sensorische Brillanz, die Ausgewogenheit, die Disruption, die Mehrdimensionalität des Essens. Begeisterung und innere Zufriedenheit entstehen in direktem Zusammenhang mit dem eigentlichen Geschmackserlebnis.
Langfristige Food Trends wie Multisensorial Experience, Food Pairing und Flavour Boosting bieten genau das. Hinzu kommen immer auch neue Impulse, kleinere Trend Bewegungen, die wieder verschwinden, sich miteinander verbinden oder zu etwas Neuem heranwachsen. So bleibt es immer spannend und bunt, und vor allem sinnlich.
Die Wissenschaft des Kochens
Diese sinnliche Reise beginnt in den 1990er Jahren mit der Molekulargastronomie, die ein Key Milestone der sensorischen Bewegung ist. Hervé This und Nicholas Kurti haben sich damals intensiv mit der physikalischen und chemischen Transformationen der Zutaten während des Garprozesses beschäftigt. Sie untersuchten die wissenschaftlichen Grundlagen des Kochen, also Phänomene, wie die Wirkung von Hitze, Druck und chemischen Reaktionen auf Lebensmittel, und sie erforschten außerdem die sensorischen Aspekte des Essens, wie Geschmack, Textur und Aroma.
Die Ergebnisse dieser Arbeit eröffneten ganz neue, aufregende sensorische Möglichkeiten. So können zum Beispiel Flüssigkeiten durch Geliermittel in kugelförmige Perlen verwandelt werden (Sphärisierung). Durch Emulgatoren entstehen stabile Emulsionen und luftige Schäume, und mit Hilfe von flüssigem Stickstoff können Lebensmittel innerhalb von Sekunden schockgefroren werden, wobei effektvoller Dampf entsteht.
Die Verbindung mit der Kunst des Kochens
Die Verbindung der Naturwissenschaften und der Sinnesforschung mit der Kunst des Kochens hat seitdem viele inspirierende Konzepte hervorgebracht. All unsere Sinne anzuregen, ist seit vielen Jahren ein aufregendes erklärtes Ziel vieler visionärer Köchinnen und Köche.
Albert und Ferran Adría natürlich, die im El Bulli die Molekularküche etablierten, und die damit unsere Wahrnehmung ganz neu inspirierten. Wenn ich an disruptive multisensorische Erlebnisse und an Food Pairing denke, kommt mir auch direkt Heston Blumenthal in den Sinn, der ab 1995 im The Fat Duck durch molekular-eske Genüsse die Sinne seiner Gäste durcheinander gewirbelt hat. Oder das UltraViolet by Paul Pairet in Shanghai, das seit 2012 das Essen zu einem multisensorischen Spektakel werden lässt.
Die Weiterentwicklung bis heute
Die Kombination von Zutaten und Lebensmittel war natürlich lange vor dem beschriebenen wissenschaftlichen und experimentellen Ansatz der 1990er Jahre ein Thema. Die Herangehensweise war traditionell und kulturell geprägt, und basierte auf Erfahrung und Ausprobieren. Auch auf diese Art lassen sich bis heute unerwartete und kreative Geschmackskombinationen erreichen, die uns auf natürliche, sinnliche Weise inspirieren.
Natürlichkeit und Rückbesinnung sind aktuell eine spürbar treibende Kraft hinter vielen Food Trends. So auch hier. Für mich kommt dies zum Ausdruck in einer wundervollen Entwicklung hin zu einer authentischen Warmherzigkeit, denn irgendwie haben wir durch die schnelllebigen Zeiten alle ein bisschen an Sinnlichkeit verloren. Wir essen kurz was zwischendurch, wir setzten uns gar nicht erst hin, sind im Kopf schon wieder wo anders.
Bewusst oder unbewusst wünschen wir uns an den warmen Herd unserer Kindheit zurück.
Und dann entsteht etwas, ein Funke springt über, das Gefühl, das wir suchen, verändert sich ein klein wenig. Es geht noch immer um intensive Wahrnehmung, um Geschmack, um Qualität. Doch kommt im neuen Epizentrum eine Rückbesinnung auf die Basis hinzu. Ein wenig Physik raus, ein bisschen Wärme rein. Ein wenig Perfektion und Exklusivität raus, ein bisschen Natürlichkeit rein.
Das Gefühl, das wir suchen, ist nicht mehr primär Excitement, wir suchen vielmehr wärmenden Flow. Der ist auch überraschend, jedoch nicht mehr so spektakulär und explosiv. Es entfacht eher in inneres, erfülltes, glühendes Feuerwerk und ist dennoch ausgefeilt, besonders, überraschend und kreativ.
Durch die heute bekannten Erkenntnisse aus der Wissenschaft, beinhaltet eine Rückbesinnung immer auch eine moderne Weiterentwicklung, und auch die Molekulargastronomie hört natürlich nicht auf zu existieren. Sie ist nur nicht mehr im Trend, sondern hat vielmehr ihren Platz gefunden, und neue Food Trend Bewegungen sind aus ihr entstanden. Weitere werden folgen. Es bleibt sinnlich. 💛
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